Geschichte
Beim Thema Umweltschutz konzentrieren sich Studien und Aktivitäten entweder auf den Schutz von Landschaften, die nie von einem Menschen betreten wurden oder um die Erhaltung von Landschaften, wo die Einwirkung des Menschen dominierend war. In Europa begann die Humanisierung Ende der Eiszeit, d.h. vor ca. 10 000 Jahren. Unser Interesse gilt der Veränderung der Landschaft, verursacht durch die Besiedlung durch den Menschen, zur Kultivierung des Bodens. Der Terrassenbau spielt darin eine ganz bedeutende Rolle.
Es ist schwierig zu sagen, in welcher prähistorischen Periode der Anbau von Oliven und Wein eingeführt wurde. Wissenschaftliche Untersuchungen im östlichen Mittelmeerraum ergaben, dass gezüchtete bzw. wild wachsende Olivenbäume bereits gegen Ende der Neolithischen Periode (4400-3500 v.Chr.) existierten. In Kreta hat sich die Olivenkultur während der Bronzezeit (2000-1500 v.Chr.) etabliert – und in der nahen Umgebung von Städten auf dem Peloponnes in der Minoischen Periode. Die Verbreitung in andere nahe liegende Gebiete erfolgte durch die zunehmende Seefahrt. Zu dieser Zeit hatte Cres grosse Reproduktionskapazitäten, die es zu nutzen galt. Die Insel war damals dominiert von castellieri. Castellieri sind Ansiedlungen auf den Anhöhen nahe der Zentren der heutigen Orte Osor, Ustrine, Orlez, Filožići und Cres. In welchem Umfang sich der zunehmende Anbau mit Olivenbäumen auf der Insel ausgebreitet hat, ist heute schwierig einzuschätzen. Auch Studien von J. Cus Rukonic auf den Inseln Cres und Losinj bestätigen diese Kapazität und die Existenz von Olivenbäumen in der Neolithischen Periode, wenn auch nicht in Form einer ‚standardisierten Agrarwirtschaft‘.
Die Pollenanalysen, die auf der Insel Mljet (ital. Melada) im Süden Dalmatiens in den 1960er Jahren durchgeführt wurden, bestätigen die Hypothese, dass die meisten bestehenden Kulturen im direkten Zusammenhang mit dem Siedlungswesen stehen. Pollenproben aus dem Salzwassersee Malo Jezero und dem Süsswassersee Blatina Polje auf Mljet haben das Fehlen menschlicher Aktivitäten während der Neolithischen Periode und der Bronzezeit nachgewiesen. Olivenbäume und Weinstöcke traten hingegen in der Griechisch-Romanischen Periode (400 v.Chr.) in Erscheinung. Grundsätzlich kann man annehmen, dass Olivenbäume auf Cres seit antiker Zeit bestehen, obwohl dies durch bis anhin fehlende wissenschaftliche Untersuchungen nicht hundertprozentig nachgewiesen werden kann. Die Bäume waren wahrscheinlich ein normaler Bestandteil der mediterranen Flora und gewannen immer mehr Bedeutung für die Bewohner. Die enge Beziehung zwischen Mensch und Feldanbau führt automatisch zu einem besseren Verständnis für die Qualität der Vegetation und dies wiederum zu einer natürlichen Selektion zugunsten der nützlichsten Spezies. Die Tatsache über das Bestehen einer solchen Beziehung auf der Insel über Jahrtausende, obgleich nicht unbedingt bewusster und geplanter Natur, ist jedenfalls eine Voraussetzung für die Entwicklung einer mehr standardisierten, systematischen Kultivierung.
Die Landschaftsarchitektur von Cres und ihre Zeitbestimmung
Prinzipiell kann man behaupten, dass all diese Bauwerke aus Stein (Terrassen, Zäune, Mauern, etc.), die heute einen Teil der Landschaft bilden, der Schlüssel dafür sein könnte, die Chronologie der Entwicklung der Landschaft zu verstehen. Für ähnliche Landschaften auf Kreta hingegen geben die Wissenschaftler Oliver Rackham und Jennifer Moody zu, ‘keinen Schlüssel dazu gefunden zu haben’. Bezogen auf Cres kann angenommen werden, dass die Steinbauwerke teils aus der Neolithischen Zeit, teils aus der Bronzezeit oder auch aus der Griechisch-Romanischen Periode stammen könnten. Aber die meisten dieser Steinbauten wurden während der 400 Jahre venezianischer und 130 Jahre österreichischer Herrschaft in der Nähe von Siedlungen errichtet, die ohne eine rege Landwirtschaft und Tierhaltung nicht bestehen konnten.
Trotz der Schwierigkeit, das Alter dieser Steinartefakte zu bestimmen, könnten Forschungsmethoden mehr Aufschluss über eine präzisere Datierung geben, z.B. mit Hilfe von Pflanzen- und Wurzelproben aus seit Langem aufgegebenen, nicht mehr bewirtschafteten Regionen. Mit der Radiocarbonmethode (Carbon-14) könnte man das Alter z.B. der Steinartefakte bestimmen, von denen angenommen wird, dass sie älter als die Pflanzen selber sind. Durch Untersuchungen von Siedlungen aus antiker Zeit und die Verknüpfung archäologischer und osteologischer Funde mit dem Fundort können wichtige Informationen gewonnen werden.
Castellieri
Ein bestimmter Faktor kann uns über die Steinbauten auf Cres Aufschluss geben, nämlich die Antwort auf die Frage, ob diese Steinkonstruktionen aus sehr früher Zeit stammen. Castellieri sind die ältesten Siedlungen, die bis in die späte Neolithische Periode zurückgehen (6000-4000 v.Chr.). Beobachtungen von diesen heute noch vorhandenen Ruinen (durch Carlo Marchesetti, Jasminka Cus Rukonic, Vladimir Mirosavljevic, Nikola Stražičić) haben nachgewiesen, dass Zäune und Mauern in mancher Hinsicht solchen ähneln, die an anderen Plätzen auf der Insel gefunden wurden. Zweireihige Mauern (bestehend innen und aussen aus Steinblöcken, in der Mitte gefüllt mit zerkleinerten Steinen) wurden von Archäologen in den 1930er Jahren in den ‚castelliere‘ von Pukonjina entdeckt. Sie könnten eine erste Version der Mauern darstellen, die um Olivenhaine gebaut wurden. Allerdings unterscheiden sie sich sehr von der Bauart der Mauern, die heute Olivenbäume und Reben umgeben.
Die ‚castellieri‘ müssen als permanente Siedlungen betrachtet werden. Eine frühere Theorie allerdings behauptet, dass diese Anlagen zur Verteidigung und als temporäre Wohnstätten gebaut wurden. Neuere Studien in Gebieten an der französischen Mittelmeerküste jedoch ergaben, dass diese Anlagen aus ökologischen Gründen in grösseren Höhenlagen errichtet wurden und von sehr stabiler Beschaffenheit waren. Diese Lagen wurden als gesünder erachtet als Siedlungen an der Küste, die der Insektenplage ausgesetzt waren wegen der Moore und sonstiger gesundheitsschädlicher Umgebung. Nur während der Römerzeit ist eine bemerkenswerte Verlagerung an die Küstenregionen zu beobachten, aufgrund der Kenntnisse betreffend Flussregulierung und Trockenlegung von feuchten, ungesunden Küstengebieten.
Die Orte Lubenice (ital. Lubenizze), Dragošetići (ital. Dragoseti), Predoscice (ital. La Sella), Filožići (ital. Filosici) und Pernata weisen eine Siedlungsstruktur auf, die der der ‚castellieri‘ gleicht. In der Nähe von diesen Orten befinden sich kleinere flache Zonen, geeignet zum Anbau von Getreide, Gemüse und Wein. Die Umzäunungen und ‚masiere‘ um diese Flächen erwecken den Eindruck, als wären sie eher für Weideflächen als für Agrarland errichtet worden. In diesem Kontext ist es nicht ganz falsch anzunehmen, dass die Veränderung der Landschaft auf Cres von den Anhöhen ausgegangen ist, wo sich die ‚castellieri‘ befanden, und sich dann allmählich die Abhänge hinunter fortsetzte. Weiter kann man davon ausgehen, dass die beiden ökonomischen Hauptaktivitäten Vieh- und Landwirtschaft in gleichem Masse betrieben wurde, aber mit der Zeit die eine oder andere überwog. Anzeichen solcher komplementärer Aktivitäten gab es in Griechenland bereits 400 v.Chr.
Der Zusammenhang zwischen Bepflanzung und Terrassen in der Neuzeit
Über die späteren geschichtlichen Perioden der Insel existieren keine aufschlussreichen Dokumentationen oder Informationen betreffend Terrassen. Wir müssen auf die Einführung und das Wachstum der verschiedenen wirtschaftlichen Aktivitäten zurückgreifen und diese als Hinweise benutzen, wie und wann die Steinbauwerke errichtet wurden. Die erste Verfassung von Cres aus dem Jahr 1300 erwähnt Mauern in Weideland, offensichtlich errichtet als Schattenspender für Schafe. Nichts ist allerdings zu finden über Terrassen für die Landwirtschaft.
Am 4. Feb. 1504 erklärte Petrisso de Petris, er wolle in Stanzia St. Biagio einige wilde Olivenbäume ‚redure desmesteghi‘ (veredeln). Ein paar Jahre später hat sich diese erfolgreiche Initiative zu einer Erweiterung der Pacht von zusätzlich zwanzig Setzlingen erweitert. 1550 wurde Fondaco (Ölmagazin) gegründet, um mit der Ölknappheit zurechtzukommen. Diese Aufzeichnungen lassen darauf schliessen, dass um diese Zeit die ‚Olivenkultur rund um die Stadt Cres noch nicht den Ausbaustand erreicht hatte wie später‘ (C.Hugues in Cavallini, ‚Letter to farmers in Cherso‘). In den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts hat Venedig entschieden, die Ölproduktion zu steigern und dehnte die Kultivierung in die Regionen von Istrien und Dalmatien aus, teils zum eigenen Profit und teils zur Kompensation des Ölmangels, der den Import aus Apulien nötig machte. Nach einer sorgfältigen Durchsicht von ,Fondacos-Büchern‘ glaubten wir, ein umfangreiches und detailliertes Bild über die jährliche Produktion zu bekommen. Zum Gegenteil waren aber nur sporadische Verkäufe von begrenzten Mengen von Öl während 21 Jahren (1616-1637) vermerkt.
In der vom Franziskaner Mönch Josip Vlahovic durchgeführten Untersuchung stammt eine erste Aufzeichnung aus den Klosterarchiven aus dem Jahre 1496, in der eine Landparzelle mit Oliven- und Obstbäumen und Reben erwähnt wird. Nach einiger Zeit haben sich Besitztum und Ausdehnung kultivierter Flächen allmählich verändert – mit der Ausweitung von Olivenhainen. Ende des 16. und Beginn des 17. Jahrhunderts hat sich eine systematische Kultivierung entwickelt. Die Beobachtungen dazu beziehen sich lediglich auf Land im Klosterbesitz in den 1600er Jahren (Jahre 1652, 1653, 1682, 1683), in welchen ,vennero scavate fosse‘ (‚Gruben ausgehoben wurden ‘) und Olivenbäume angepflanzt wurden. Das zitierte Werk beschreibt im Detail Olivenmühlen im Besitz von Klöstern, deren Produktion, Belegschaft und Entlohnung der Arbeiter. Man konnte auch erfahren, dass es auf Cres im Jahre 1668 drei Ölmühlen gab, die bis in das Jahr 1698 auf sieben anwuchsen. Die gesammelten Daten von Vlahovic lassen darauf schliessen, dass es Anfang 1608 nur zwei Ölmühlen auf Cres gab, eine im Franziskaner-Kloster und eine im Nonnenkloster der Benediktinerinnen. Dies sollte jedoch nicht ausschliessen, dass auch andere Ölgewinnungsmethoden angewendet wurden – auf ‚antico modo semplice‘ (‚auf alte einfache Weise‘). Aus der gleichen Quelle wissen wir, dass sich der Zuwachs von mit Olivenbäumen kultiviertem Land in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts, d.h. während der Venezianischen Periode, langsam entwickelte. Der Grund für diese langsame Entwicklung war (gemäss Autor) der laufende Konflikt um Weideland und die gefassten Beschlüsse durch die örtlichen Behörden, die um die Gesundheit der Bevölkerung bangte, sollte die Versorgung mit Fleisch darunter leiden.
Als der Abt Alberto Fortis 1770 auf der Insel landete (A. Fortis, Saggio sopra Osservazioni d’Isola di Cherso-Osero 1771) genoss er das ‚schönste Schauspiel‘ in der Bucht von Cres – ‚den Garten‘ – wie er es nannte. ‚Die Vielfalt des Grüns der Olivenbäume, der Rebstöcke und der Plantagen generell, bilden, aus der Entfernung gesehen, ein farbenprächtiges Bild ungeahnten Ausmasses, ein reizender Anblick über alle Erwartungen‘. Über diesen herrlichen Rundblick hinaus bringt der Abt seine Bewunderung über die harte Arbeit der Bauern zum Ausdruck. Er beschreibt die mannigfaltigen Kulturen auf den Terrassen – trotz der Dominanz der Ölproduktion, zu dieser Zeit geschätzte 1932 bis 2257 hl pro Jahr.
Eine bedeutende Steigerung der Ölproduktion fand nach dem Jahr 1797 statt und mit der Aufteilung des Landes, um in der Region von Ponta Grassa zu graben. Dies entspricht dem heutigen Gebiet vom grünen Leuchtturm am Eingang von Cres bis zur Einfahrt der Bucht Draga Nedomisje. Die grösste Entwicklung fand im 19. Jahrhundert statt mit mehr oder weniger reichen Olivenernten. Im Jahr 1853 betrug die Gesamtproduktion 2000 Barrel und im Jahr 1868 waren 24 Ölmühlen von November bis Juni im Einsatz.
Bis jetzt haben wir hauptsächlich die Produktion von Öl behandelt, welche zu bestimmten Zeiten und aus verschiedenen Gründen recht wirtschaftlich war. Sie war abhängig von Klima, Bodenbeschaffenheit, Arbeitsaufwand und dem Interesse der Venezianer. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Weinbau und Weinproduktion über Jahrhunderte einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellte. Leider haben wir keine verbindlichen Daten über die Ausdehnung der Gebiete, die mit Wein bepflanzt waren. Wir wissen allerdings aus Berichten in den Büchern der Stadtverwaltung, dass sich die Bürger oft über den niedrigen Weinpreis beklagten, der über zwei Jahrhunderte unverändert blieb. Ausserdem wurden wiederholt von der Stadtverwaltung Beschlüsse gefasst, durch Auktionen die Erhebung einer Weinsteuer zu bewilligen. Während späterer Perioden hat sich der Weinbau quer durch die Abhänge über Cres ausgebreitet, um dann aber wiederum durch die Kultivierung von Chrysanthemen zur Gewinnung von einem natürlichem Insektizid (Pyrethrum) abgelöst zu werden.
Ein ‚Brief an die Bauern von Cres‘ (,Lettera agli Agricoltori di Cherso‘, 1900) von Cavallini ist eine klare Aufforderung, nicht auf der Kultivierung von Wein zu beharren und damit den Anbau von Olivenbäumen zu vernachlässigen. Letztendlich hätte man weder das eine noch das andere, nur den Sturz ins Elend. Der Grund, warum sich die Bauern von Cres zwanzig bis dreissig Jahre Ende des 19. Jahrhunderts auf den Weinbau konzentrierten, war die Reblaus, welche viele Weinkulturen in Westeuropa vernichtete, von der aber die Regionen von Istrien und Dalmatien verschont blieben. Durch die Knappheit an Wein, konnte folglich das Produkt zu guten Marktpreisen verkauft werden. Eine explizite Aufforderung von Cavallini und Professor Carlo Hugues war, auf den Anbau amerikanischer Reben zu verzichten, da diese einen tieferen Boden erforderten und dadurch wesentlich mehr an Arbeitsaufwand und Kosten verursachten. ‚Aber wenn ihr stattdessen mit dem Zurückschneiden und Ausputzen der Olivenbäume beginnt, wird sich alles zum Besseren wenden‘. Und der Professor fügt hinzu: ‚Und ihr werdet das Vermächtnis eurer Vorfahren schätzen lernen‘.
Alles bisher Gesagte weist darauf hin, dass die Verwandlung der Landschaft betreffend Kultivierung wechselnde Phasen durchgemacht hat. Die Notwendigkeit, den Boden zu bestellen hat sich nicht auf dem Anbau eines bestimmten Produkts bezogen, sondern wechselte über die Jahrhunderte entsprechend den Anforderungen des Marktes. Zum Schluss haben die Olivenhaine ‚die Herrschaft übernommen‘. Wir denken, dass es schrittweise dazu kam und nicht einem bestimmten Ereignis oder Zeitpunkt zugeordnet werden kann. Wir sind immer noch der Ansicht, dass diese Transformation vor dem 16. Jahrhundert stattgefunden hat, trotzdem die Kultivierung zur damaligen Zeit eine andere gewesen sein mag, z.B. Weinbau.